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So, 13.03.2022

Auf der Flucht aus Neutitschein nach Friedland Aus Anlass des Tages der Archive präsentieren sich im März Archive deutschlandweit der Öffentlichkeit.

Archive sind bedeutende Wissensspeicher und Bewahrer des kulturellen Erbes und weltweit verbreitet. Es gibt diverse Sparten von Archiven mit ausgewählten Schwerpunkten. Auch wissenschaftliche Institutionen und Museen verfügen über Archive. So zählt auch das Museum Friedland neben klassischem Sammlungsgut Archivalien zu seinem Bestand. Das Museumsarchiv verfügt über eine einzigarte Sammlung von erzählten Lebensgeschichten mit dem Schwerpunkt Fluchterfahrungen und dem Bezugspunkt Friedland. Darüber hinaus gehören zum Bestand Archivalien wie Fotografien, Notizen oder Dokumente.

Hieraus möchten wir folgendes Objekt vorstellen: ein herausgerissenes Kalenderblatt vom Monat März. Das Besondere an diesem Blatt sind die Notizen auf der Rückseite. Hier sind die einzelnen Stationen der Flucht von Margarete Martin und ihrer Familie handschriftlich vermerkt. Nach Kriegsende musste die damals dreijährige Margarete Martin ihren Heimatort Neutitschein in den Sudeten zusammen mit ihrer Mutter und ihrer sieben Jahre älteren Schwester verlassen. Viel Zeit zum Abschied blieb der Familie nicht. Innerhalb von zwei Stunden musste das Notwendigste verpackt und auf einer Kinderkarre verstaut sein. Auf der Flucht traf die Familie glücklicherweise auf ihren Vater, der zuvor in einem tschechoslowakischen Lager interniert war. Über Prag gelangte die Familie zunächst in ein Lager in Pirna. Aus dieser Zeit stammen die ersten Erinnerungen von Margarete Martin: die Toten, die aufgebahrt aus den Baracken herausgetragen wurden. Von dort aus ging es weiter über Laucha, Heiligenstadt und Arenshausen nach Friedland, wo die Familie zwei Tage blieb. Anschließend kam die Familie nach Seeburg, wo sie eine erste bescheidene Bleibe fand. Obwohl die erste Zeit nach der Ankunft schwierig war, markierte Friedland einen Neubeginn für Margarete Martin. Von da an war ein Ankommen möglich. Seitdem lebt sie in Niedersachsen und blickt zufrieden auf ihr Leben.

Dieses Kalenderblatt ist eines der wenigen Erinnerungsgegenstände, die Margarete Martin aus der schwierigen Zeit, die von Abschied, Verlust und traumatischen Erlebnissen geprägt war, besitzt. Die Zeitzeugin äußert sich wie folgt dazu:

 

 

 

Der Kontakt zur Zeitzeugin Margarete Martin kam zustande, als das Museum Friedland einen Aufruf nach Zeitzeug*innen startete, die in der frühen Nachkriegszeit das Lager Friedland passiert haben. Im Rahmen eines lebensgeschichtlichen Interviews übergab die Zeitzeugin den Fundus der Museumssammlung. Neben schriftlichen Quellen sammeln Archive auch mündlich überlieferte Geschichten. Wenn auch Sie Ihre persönliche Fluchtgeschichte teilen oder dem Museum Objekte zur Verfügung stellen wollen, kontaktieren Sie uns gerne unter  sammlung@museum-friedland.de