Di, 15.10.2019

100. Geburtstag des Bildjournalisten Fritz Paul

Er wäre heute 100 Jahre alt geworden: Der Bildjournalist Fritz Paul, der mit seinen Fotografien die Wahrnehmung des Grenzdurchgangslagers Friedland in den Medien jahrzehntelang wie kein anderer prägte.

Fritz Paul, am 15.10.1919 als jüngstes von elf Kindern im ehemaligen ostpreußischen Rudwangen geboren, avancierte als Autodidakt zum Fotojournalisten.

Trotz der Wirren des Zweiten Weltkrieges studierte er 1942/ 43 Maschinenbau an der Technischen Hochschule in Berlin-Charlottenburg, denn er wollte Ingenieur für Kamerabau werden. Damit eiferte er Oskar Barnack nach, dem Erfinder und Konstrukteur der Leica-Kamera. Von der Wehrmacht zum Kriegsdienst verpflichtet, flüchtete Paul nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft.

 

 

Ab 1948 arbeitete Fritz Paul als freier Bildjournalist vor allem für das Göttinger Tageblatt, aber auch für Nachrichtenagenturen wie die Deutsche Nachrichtenagentur Dena, Associated Press, Reuters und dpa. Er portraitierte namhafte Persönlichkeiten wie den Chemiker und Nobelpreisträger Otto Hahn, und fotografierte bedeutende Politiker wie die Bundeskanzler Konrad Adenauer und Willy Brandt sowie die Bundespräsidenten Theodor Heuss und Gustav Heinemann. Von 1954 bis 1966 arbeitete Paul als Fotograf für das Deutsche Theater und von 1964 bis 1981 war er leitender Bildredakteur beim Göttinger Tageblatt.

Für seine Fotoserie anlässlich des „Kasseler Treffens“ am 21. Mai 1970 zwischen Willy Brandt und Willi Stoph, dem Vorsitzenden des DDR-Ministerrats, wurde Paul vom Verband der Journalisten in Niedersachsen mit dem Preis für Bilderserien ausgezeichnet und erlangte damit überregionale Anerkennung.

FRITZ PAUL IN FRIEDLAND

Der erste Kontakt zum Grenzdurchgangslager Friedland kam 1946 zustande. Als Angestellter in einem Göttinger Fotofachgeschäft fertigte Fritz Paul Reprografien an, die von Privatpersonen, Flüchtlingen, Vertriebenen und Heimkehrern sowie dem Deutschen Roten Kreuz in Auftrag gegeben wurden.

Ab 1948 bis in die 1970er Jahre dokumentierte Fritz Paul das Geschehen in Friedland. Zu seinen Motiven zählen Lageransichten aus den 1950er und 1960er Jahren, Portraits, u. a. von Kindern und Heimkehrern, Ankunftsszenen von Aussiedlern am Bahnhof sowie Szenen aus dem Lagerleben. Ebenso fotografierte er bedeutende Ereignisse wie den Besuch Konrad Adenauers im Jahr 1954, die „Heimkehr der Zehntausend“ 1955 und die Weihe der St. Norbert-Kirche 1955 sowie die Grundsteinlegung und Einweihung der Gedächtnisstätte auf dem Hagenberg in den Jahren 1966/67.

WÜRDIGUNG

Fritz Pauls Fotos wurden in die Chronik des Lagers eingefügt, in Publikationen über das Lager abgedruckt und fungierten als Vorlage für Postkarten. Dadurch prägen sie bis heute das Bild von Friedland. Neben den Lageransichten richtete Fritz Paul seine Kamera auch auf Individuen, stets mit Respekt vor der Persönlichkeit und unter Einhaltung des Berufsethos, begründet auf Werte wie Wahrhaftigkeit und Solidarität. Sein fotografischer Blick suchte nicht nach sensationellen Motiven, sondern bildete die Realität ab, wie sie sich ihm darstellte. Sein Engagement war laut Zeitzeugen geprägt von Einfühlungsvermögen und Mitgefühl. Neben zahlreichen Schnappschüssen zeichnen sich seine Fotografien auch durch eine gezielte Bildkomposition und eine inszenierende Lichtführung aus.

Fritz Paul gehört einer Generation von Fotojournalisten an, die den Bildjournalismus der Nachkriegszeit in Deutschland prägten. Sein Quereinstieg in den Fotojournalismus entspricht der Vita vieler Berufskollegen. Gegenüber renommierten Fotografen, wie z. B. Robert Lebeck, zeichnet sich die Arbeit von Fritz Paul durch seinen sensiblen Blick für die Geschehnisse und deren Bedeutung in Friedland aus.

FRITZ PAULS KAMERAAUSRÜSTUNG

Zu Pauls fototechnischer Ausstattung gehörten diverse Modelle der Leica, einer Kleinbildkamera, sowie die Großbildkamera Linhof Technika III und eine Rolleiflex-Mittelformatkamera. Letztere gehören als Schenkung zum Bestand der Sammlung Museum Friedland.

Ewa Kruppa

Do, 24.10.2019 Mo, 14.10.2019