Thu, 28.02.2019
Hue San Do im Raum über die ersten internationalen Flüchtlinge in Friedland|

"Mit meinem Geburtstland Vietnam verbindet mich wenig."

Gut gelaunt trifft Hue San Do im Foyer des Museums Friedland ein. Vor ein paar Wochen war sie schon mal hier, als ihr Bruder Hao seinen Film präsentierte. Es ging um das Leben eines guten Bekannten seiner Familie, der Ende der 1970er Jahre als Bootsflüchtling aus Vietnam nach Deutschland kam.

Auch Hue San Do ist in Vietnam geboren. Als sie zwei Jahre alt war, reiste sie mit ihrer Mutter, die der südchinesischen Minderheit in Vietnam angehörte, nach Deutschland. Sie mussten jedoch nicht über das Meer flüchten wie die sogenannten 'Boat People', sondern konnten im Rahmen des Familiennachzugs mit dem Flugzeug einreisen. Ihre erste Station im neuen Land war das Grenzdurchgangslager Friedland. Das war 1981. Allerdings hat Hue San Do keinerlei Erinnerungen mehr daran. Kein Wunder, sie war damals erst zwei Jahre alt.

Das erste, woran sie sich erinnert, ist der Kindergarten in Stadthagen bei Hannover, wo sie aufgewachsen ist. „Ich habe früh gespürt, dass es bei mir zuhause anders war als bei den anderen Kindern, dass wir zuhause eine andere Sprache gesprochen haben“, sagt Hue San Do. Deutsch lernte sie rasch, sozusagen automatisch. Mit ihrer Mutter sprach und spricht sie Kantonesisch.

Hue San Do lebte sich schnell ein, ging gerne in den Kindergarten, später in die Schule. Offenen Rassismus erlebte sie nie. Erst mit den Jahren ist ihr bewusst geworden, dass sie durchaus unterschwellig rassistischen Zuschreibungen ausgesetzt war. Etwa wenn sie gleich als erstes gefragt wurde, woher sie denn eigentlich ursprünglich komme oder man sie auf ihr gutes Deutsch ansprach. Doch das passiert heutzutage immer seltener, sagt die 38-Jährige. „Und wenn doch, dann sage ich, ich bin doch schließlich Deutsche!“, erzählt sie schmunzelnd.

Dass ihr Bruder die Geschichte seiner Familie in einem größeren Filmprojekt nachzeichnen will, findet Hue San Do gut. In der Öffentlichkeit weiß man wenig über die Flüchtlinge aus Vietnam, in Deutschland wird bislang kaum dazu geforscht.

Mit ihrer eigenen Identität befasste sich Hue San Do intensiver nach dem Abitur. Sie ging in die USA im Rahmen eines Freiwilligendienstes für Aktion Sühnezeichen Friedensdienste. Dort setzte sie sich mit dem Holocaust, Antisemitismus und Rassismus auseinander. Nach ihrer Rückkehr studierte sie Sinologie, ging zweimal für längere Zeit nach China und Hong Kong, um dort zu studieren und zu arbeiten. 

In Vietnam war sie bislang nur zweimal als Touristin. Mit ihrem Geburtsland verbindet sie wenig, sagt sie. „Ich fühle mich durch und durch Deutsch“, sagt die 38-jährige lächelnd.

Eva Völker

Tue, 05.03.2019 Thu, 10.01.2019