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Fri, 29.07.2016
Sofia Tchernomordik arbeitet als Journalistin|

Kindheitserinnerungen an Friedland

„In Friedland war alles ganz anders als in Russland - sogar die Rosen“, erzählt Sofia Tchernomordik, die mit 10 Jahren ins Grenzdurchgangslager kam. Von August bis November 1999 wohnte sie mit ihren Eltern dort. „Alles war unbekannt, ich hatte auch nichts zu tun“, erinnert sich die heute 27-Jährige. Deutschunterricht gab es für das aufgeweckte Mädchen damals nicht. Auch sonst sind Sofias Erinnerungen an Friedland nicht glücklich – schlechtes Essen, unfreundliche Menschen, ihre Familie wurde sogar bestohlen. Insgesamt sei der Start für Sofia und ihre Eltern in Deutschland nicht leicht gewesen.

Als jüdische Kontingentflüchtlinge aus Sankt Petersburg wurden sie von der Bundesrepublik aufgenommen. „Nachdem wir die Einreisegenehmigung bekommen hatten, schaute meine Mutter auf einer Deutschlandkarte von 1947 nach, wo Friedland liegt“, erzählt die junge Frau. Die Mutter fand einen gleichnamigen Ort nahe Berlin. Dort angekommen, war dann die Überraschung groß, als Sofias Eltern erfuhren, dass die Reise weitergehen solle nach Friedland bei Göttingen.

Sofia blieb mit ihrer Familie in Niedersachsen, machte Abitur, zurzeit absolviert sie ein Volontariat bei einem Radiosender. Sie ist jung und erfolgreich, spricht akzentfrei Deutsch, nur ihr Nachname verrät noch ihre russischen Wurzeln. Manchmal werden ihr deswegen Steine in den Weg gelegt – zum Beispiel bei der Wohnungssuche. Aber sie lässt sich nicht beirren. So ist auch ihr Kindheitstraum in Erfüllung gegangen: Journalistin zu werden. Meinungs- und Pressefreiheit sind für sie ein hohes Gut – ihre Berufskolleg*innen in Russland können davon nur träumen.

[EV]