Mi, 21.09.2016
Lebhafte Diskussionen|

Friedländer Gespräche IV

Vor etwa einem Jahr überlegten wir im Museums-Team, was das Thema der „Friedländer Gespräche“ 2016 sein könnte. Die Eröffnung des Museums stand kurz bevor, und wir waren mit der Fertigstellung der Dauerausstellung im historischen Bahnhofsgebäude beschäftigt. Im Vordergrund stand die Umsetzung all dessen, was wir gemeinsam in den letzten Jahren durchdacht hatten. In dieser Zeit der Geschäftigkeit kam die Idee auf, sechs Monate nach der Eröffnung des Museums Friedland die „Friedländer Gespräche“ als Forum der Reflexion zu nutzen.

Der Auseinandersetzung mit Museen im Allgemeinen und mit dem noch jungen Museum Friedland im Besonderen. Aus dieser Idee wurde schließlich ein konkretes Tagungskonzept mit dem Titel „Fluchtpunkt Museum. Kontexte, Reflexionen, Seitenblicke“. Es sollte um wichtige Aspekte musealer Arbeit gehen, die sich aus dem Profil des Museums Friedland ableiten lassen und zugleich für andere Museen und Projekte von Interesse sind: die museale Repräsentation von Migrationsgeschichte, die Musealisierung historischer Orte, das Sammeln der Gegenwart und Partizipation im Museum. Und es ging um die Frage, die wohl die meisten beschäftigt, die in oder für Museen arbeiten: Wie sieht eigentlich „mein ideales Museum“ aus? – so der Titel des Auftaktvortrags von Gottfried Fliedl. Und: Entspricht die eigene Praxis dem persönlichen Ideal?

Auch darum ging es auf der Tagung, und dies war uns in der Vorbereitung besonders wichtig: selbstkritisch auf die eigene Arbeit blicken und sie von außen einer konstruktiven Kritik unterziehen zu lassen. Eine für mich besonders inspirierende Erfahrung waren die Analysen der Dauerausstellung des Museums Friedland durch Roswitha Muttenthaler und Kien Nghi Ha. Es war ausgesprochen erhellend, eine Ausstellung, an der man selbst mitgearbeitet hat, durch die Augen Dritter zu sehen. Man wird herausgefordert, das eigene Produkt nicht als alternativlos oder abgeschlossen zu betrachten, sondern als gemacht, diskutierbar und im besten Falle auch veränderbar. 

Dies rührt wieder an die Frage des idealen Museums. Was sich in den entsprechenden, sehr lebhaften Debatten im Laufe der Tagung herauskristallisierte – und dies schienen im Grundsatz viele der Anwesenden zu teilen –, war die Vorstellung vom Museum als Ort der Diskussion, als einem für diverse Menschen in verschiedener Hinsicht offenem Raum, in dem unterschiedliche Positionen – womöglich auch konflikthaft – Platz haben, als einem Ort, an dem dominante Erzählungen in Frage gestellt werden und Machtpositionen mindestens herausgefordert werden.

Während der „Friedländer Gespräche“ wurde in diesem Sinne lebhaft, kontrovers und zugleich respektvoll diskutiert. Ich bin – und ich denke, das ging vielen anderen Tagungs-Teilnehmer*innen auch so – gestern Abend mit viel Stoff zum Nachdenken, Umdenken, Weiterdenken nach Hause zurückgefahren.

An dieser Stelle abschließend noch einmal ein ganz herzlicher Dank an alle Referent*innen und Teilnehmer*innen!

Lorraine Bluche

Mi, 21.09.2016 So, 11.09.2016