Fr, 27.06.2025
Alfons und Berta G. (mitte) mit ihrer Schwester, Foto: Museum Friedland|

„Er (Sie) befand sich zuletzt in UDSSR/Memel (Land, Gebiet, Zone) in Gewahrsam.“: das Ehepaar Berta und Alfons G. Objekt des Monats

Bei unserem aktuellen Objekt des Monats handelt es sich um eine Heimkehrerbescheinigung von Berta G. Diese wurde ihr als verschleppte Person drei Tage, nachdem sie mit ihrem Ehemann Alfons G. in Friedland eingetroffen war, am 24.12.1959 ausgestellt. Ergebnisse medizinischer Untersuchungen sowie die weitere Reise nach Bremen wurden dort vermerkt. Auf der Rückseite befinden sich Vermerke zu ausgezahlten Hilfen.

Heimkehrer-Bescheinigung von Berta G., Foto: Museum Friedland|

Berta G. wurde 1909 in Memel (Klaipėda) geboren. Die Stadt lag zu diesem Zeitpunkt im Norden von Ostpreußen und war somit Teil des Deutschen Kaiserreichs. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieg wurden 1920 die deutschen Gebiete östlich der Memel, das sogenannte ‚Memelgebiet‘ dem Völkerbund unter französischer Verwaltung unterstellt und schließlich an die neu entstandene Republik Litauen angegliedert. Diese musste es 1939 wiederum unter dem Druck der Nationalsozialisten abtreten. Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das ‚Memelgebiet‘ Teil der Litauischen Sozialistischen Sowjetrepublik, was die Ansiedlung von Menschen aus Litauen und der Sowjetunion zur Folge hatte.

Im Juli 1945 gerieten Berta und Alfons G. in russische Gefangenschaft, aus der sie im Januar 1946 entlassen wurden. Berta G. fand dann eine Anstellung in Klaipėda in einer Fischereikolchose und war später als Reinigungskraft in dem Friseurbetrieb in Šilutė tätig, in dem ihr Mann als Friseur arbeitete.

Als ab 1958 Ausreisen aus dem ‚Memelgebiet‘ in die Bundesrepublik und die DDR möglich wurden, gelang es auch dem Ehepaar G., im November 1959 in die Bundesrepublik auszureisen.

In Friedland trafen sie als Heimkehrer ein. Von hier aus kamen sie in ein weiteres Lager nach Bremen. In Bremen folgte die Suche nach Verwandten und Bekannten sowie Bemühungen um Anerkennung ihrer Arbeitstätigkeiten. 1961 wurden sie schließlich eingebürgert. Das ‚Memelgebiet‘ blieb dabei ein Anker von Heimweh-, Heimat- und Verlustgefühlen. Berta G. war Mitglied der Bremer Gruppe der Landsmannschaft Ostpreußen, dessen Leiter Herr Lohmann dem Museum Friedland ein Konvolut aus zahlreichen Dokumenten von Berta G. und ihrer Familie, darunter die Heimkehrerbescheinigung, schenkte. Berta G. starb 1995 in Verden (Aller).

Alfons G. (rechts) als Friseur in Memel, Foto: Museum Friedland
Ausschnitt aus dem Fotoalbum von Berta G., Foto: Museum Friedland

Unter dem Motto „Erinnerung und Gegenwart: 80 Jahre Kriegsende – 80 Jahre Grenzdurchgangslager Friedland“ wollen wir 2025 an die Folgen des Zweiten Weltkrieges erinnern. In der Rubrik „Objekt des Monats“ sollen insbesondere Geschichten von Zeitzeug:innen vorgestellt werden, die nach dem verheerenden Krieg das Durchgangslager Friedland als einen Ort des Neubeginns passierten. Das Augenmerk liegt auf den von ihnen mitgeführten Gegenständen, die in einer besonderen Beziehung zum Durchgangslager stehen und jetzt Teil der Museumssammlung sind.

Mo, 23.06.2025 Mi, 28.05.2025