So, 08.03.2020

Rolf Zick und seine Frau Anne. Briefe aus Kriegsgefangenschaft: 1946-48 Lesung und Zeitzeugengespräch am 8.03.2020 im Museum Friedland anlässlich des 10. Tages der Archive

Der diesjährige 10. Tag der Archive hatte zum Motto „Kommunikation. Von der Depesche bis zum Tweet“. Dies hat sich das Museum Friedland zum Anlass genommen, um den bis dahin in seiner Gesamtheit unveröffentlichten Briefwechsel zwischen dem Heimkehrer Rolf Zick und seiner Frau Anne der Öffentlichkeit erstmalig zu präsentieren.

Im Anschluss an die Lesung – gelesen von Dr. Klaus-Peter Lorenz - erzählte Rolf Zick von der prägendsten Zeit seines Lebens: den Kriegsjahren und der unmittelbaren Nachkriegszeit.

Hintergründe

Kurz nach seinem Abitur wurde der damals 18-jährige Rolf Zick zum Wehrdienst in der Flak-Artillerie in Hannover verpflichtet. In Wien, wo er zuletzt stationiert war, lernte er seine spätere Frau Anne kennen, die er im März 1945 heiratete.

Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges geriet Rolf Zick in russische Kriegsgefangenschaft. Der lange Transport, unterbrochen von mehreren Lageraufenthalten, hatte ein Arbeitslager bei Saratow an der Wolga zum Ziel, eines von etwa 2500 Lagern auf sowjetischem Gebiet. Es folgte eine dreijährige Gefangenschaft, geprägt von schwerer Arbeit, Krankheit, Hunger und dem leeren Versprechen, dem „skoro domoj“ – einer baldigen Rückkehr nach Hause.

Im März 1948 kam die Freilassung. Über Leipzig, Heiligenstadt und Ahrenshausen kehrte Rolf Zick zurück und wurde am 5.04.1948 in Friedland aus der Wehrmacht entlassen.

 

 

Rolf Zick (hinten zweiter von links) bei der Befragung von General Walther von Seydlitz-Kurzbach, Oktober 1955, Friedland; Fotograf: Rudolf Kluwe|

 

Bereits im Jahr 1949 begann Rolf Zick seine Journalisten-Karriere als Autodidakt, wie so viele seiner Generation. Für die Göttinger Presse bearbeitete Rolf Zick den Landkreis Göttingen und begleitete in den 1950er Jahren die Geschehnisse im Lager Friedland: hierzu gehören die Ankünfte der Aussiedler, der Besuch Konrad Adenauers in Friedland im Januar 1954 und die Rückkehr der Spätheimkehrer aus sowjetischer Gefangenschaft in den Jahren 1955/ 56.

Ab 1960 setzte Rolf Zick seine Karriere als Journalist in Hannover fort. 1974 gründete er ein Pressebüro und wurde zum Herausgeber des landespolitischen Korrespondenzdienstes „Nord-Report“. Für seine herausragenden Verdienste als Journalist wurde er 2011 mit der Niedersächsischen Landesmedaille ausgezeichnet. Im Ruhestand widmete sich Rolf Zick mehreren Buchprojekten. In seinem ersten Buch „Ich war dabei – und habe überlebt“ schildert er die Zeit seiner Kriegsgefangenschaft. Im Herbst 2020 erscheint das Buch mit dem Titel „Der letzte Augenzeuge“, ein Zeitzeugenbericht über nahezu 100 Jahre deutscher Geschichte.

 

 

Brief von Anne Zick an Ihren Mann Rolf vom 25.09.1947, Museum Friedland|

Briefkorrespondenz 1946-48

Als eine der wenigen Habseligkeiten ist es Rolf Zick gelungen, 24 Briefe und Postkarten über die Jahre der Kriegsgefangenschaft zu retten.

Die Möglichkeiten zur Korrespondenz in sowjetischen Lagern waren rar. Ab 1946 konnten lediglich Postkarten, deren Inhalt auf 25 Wörter begrenzt war, verschickt werden. Briefe dagegen waren erst ab 1948 erlaubt in vierteljährlichem Rhythmus.

„Heute kann ich Dir das erste Lebenszeichen aus weiter Ferne senden“, schrieb Rolf Zick am 20.02.1946 in seiner ersten Postkarte an seine Frau Anne. Bis dahin herrschte die Ungewissheit über das Schicksal des Gefangenen und seiner Angehörigen zu Hause. Auf den Antwortkarten hielt ihn seine Frau Anne über ihren Lebensverlauf und die Geschehnisse im Familien- und Freundeskreis auf dem Laufenden, insbesondere schrieb sie von den Fortschritten ihres in Zicks Abwesenheit geborenen Sohnes Rolf-Günter.

Die Briefe aus der Gefangenschaft zeugen von einer immerwährenden Hoffnung auf Entlassung und Heimkehr, sind aber auch geprägt von einem unsicheren Blick in die Zukunft und sprechen von der Enttäuschung der nicht realisierbaren Zukunftspläne. In seiner letzten Karte vom 18.02.1948 schrieb Rolf Zick: „(…) neue Hoffnung, dass uns bis Ende dieses Jahres doch endlich das Wiedersehen beschieden sein wird.“

 

 

Rolf Zick mit Ehefrau Anne und Sohn Rolf-Günter, 1949
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Die bitteren Jahre der Kriegsgefangenschaft waren damit zu Ende. Das Ankommen stellte für Rolf Zick einen Neubeginn dar und eine Zeit der Genesung und Neuorientierung. Aber das Trauma blieb.

Auf die Frage, ob die Zeit des Krieges und der Kriegsgefangenschaft verlorene Jahre gewesen wären, antwortete Zick: „(…) Ja, verlorene Jahre, aber nicht umsonst. (…)“

Mit Blick auf die Situation heute und die Ankunft von vor Krieg und Gewalt Flüchtenden und Schutzsuchenden in Friedland hob Zick die Bedeutung von Hoffnung hervor. „Man soll nie die Hoffnung aufgeben. (…) Es gibt Menschen, die anderen Menschen Hoffnung geben, Zuversicht geben und anderen helfen.“

Mit großem Applaus und Dank wurde Rolf Zick verabschiedet.

Ewa Kruppa und Christina Mecke

Di, 17.03.2020 Do, 06.02.2020