Mi, 04.01.2017
Die Besucher*innen interessieren sich für die Geschichte Friedlands|

Museumsführung auf Arabisch

Mittwochvormittag im Museum Friedland. Meine Kollegin Samah Al Jundi führt eine Besuchergruppe durch die Dauerausstellung. Es sind Bewohner*innen aus dem benachbarten Grenzdurchgangslager. Die meisten von ihnen stammen aus Syrien, eine Frau kommt aus Eritrea, ein Mann aus dem Irak.

Besonders beeindruckt sind sie von dem Teil der Ausstellung, in dem Flucht, Vertreibung und Ausweisung infolge des Zweiten Weltkriegs und die Anfangsjahre des Lagers Friedland dargestellt sind. Salim aus dem Irak staunt über die Fotos aus der chaotischen Nachkriegszeit: „Dass solche Zustände in Europa geherrscht haben, hätte ich nicht für möglich gehalten“. Bemerkenswert findet die Gruppe die Tatsache, dass schon damals Ausweise, Registrierscheine und Flüchtlingspässe eine so große Rolle spielten. Überhaupt wird ihnen klar, wie viele Parallelen es zwischen damals und heute gibt. „An den Hauptaufgaben des Lagers Friedland hat sich nichts verändert, die ankommenden Menschen zu registrieren, sie mit Essen zu versorgen, ihnen einen Schlafplatz zu geben“, erklärt Aya aus Syrien.

Natürlich sind die Bedingungen in Friedland für die Geflüchteten heute sehr viel besser als unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg. Doch die persönlichen Schicksale der Bewohner*innen des Grenzdurchgangslagers sind erschütternd. So sorgt sich Afrah aus Eritrea um ihren Mann, von dem sie während der Flucht in Libyen vor einem halben Jahr getrennt wurde. Seither gibt es keine Spur von ihm. Doch sie hofft noch immer auf ein Lebenszeichen, erzählt die kleine zierliche Frau. Im Arm hält sie ihre neugeborene Tochter. Sie hat ihr den Namen „Nour“ gegeben, auf Deutsch bedeutet das „Licht“.

Eva Völker

Fr, 13.01.2017