Mi, 21.09.2016
Beim Spielen gibt es keine Sprachbarrieren|

Sport ohne Grenzen

Ein Sportverein im MUSEUM FRIEDLAND – das ist nichts Ungewöhnliches, zumal der ASC Göttingen es ja nicht weit hat. Als Museumspädagogin darf ich den heutigen Besuch begleiten, denn im Anschluss daran stehen auch noch Spiele für die Kinder im Grenzdurchgangslager auf dem Programm.

Schon nach wenigen Minuten wird mir klar, dass es sich bei diesen jungen Sportlern um eine ganz besondere Gruppe handelt. Unter Ihnen sind sieben Flüchtlinge, u.a. aus Syrien, Eritrea oder dem Sudan, die sich gemeinsam mit ihren deutschen Teamkollegen ehrenamtlich engagieren. Sie alle absolvieren einen Freiwilligendienst im Sport bei verschiedenen niedersächsischen Sportvereinen. Dieses Sonderprogramm des Bundesfreiwilligen­dienstes mit Flüchtlingsbezug wird vom ASC Göttingen koordiniert: Junge Menschen ab 18 Jahren können sich hier beispielsweise für die Schaffung neuer Sportangebote engagieren, Kurse in Flüchtlingsunterkünften betreuen oder die Bewohner bei Behördengängen begleiten.

Insbesondere für die Geflüchteten ist das ein wichtiger Schritt in Richtung Teilhabe. Auf dem Rundgang durch die Ausstellung kann ich spüren, dass sie sich stellenweise an ihre eigene Geschichte erinnert fühlen. Aufmerksam hört die Gruppe zu, was meine junge Kollegin ihnen über die Historie und Gegenwart Friedlands erzählt. Während der Führung ist es auffällig still. „Wir haben viel im Kopf seit heute Morgen“, erklärt mir Bastian Zitscher, der den Ausflug organisiert hat und die Gruppe als pädagogischer Referent begleitet. „Die Jungs haben von ihrer Flucht erzählt, da sind schon heftige Geschichten dabei, wie man sie sonst nur aus den Medien kennt.“ Dass die Fahrt im Schlauchboot über das Mittelmeer oder der Fußmarsch über die Alpen im persönlichen Gespräch plötzlich erschreckend nahe rücken, verstehe ich nur zu gut. „Die Arbeit in diesem speziellen Programm erfordert viel Fingerspitzengefühl“, ergänzt auch seine Kollegin Claudia Löning.

Nach einem Rundgang über das Gelände des Grenzdurchgangslagers ist die ernste Stimmung aber schnell wieder verflogen, denn die sportliche Truppe ist ja nicht nur zum Zuhören hier: Auf einer Rasenfläche im Westteil des Lagers bauen sie mit simplen Mitteln mehrere Spielstationen auf – und sind schon bald von neugierigen Kindern umringt.  Auch im übertragenen Sinne werfen oder kicken sich große und kleine Sportler nun die ersten Bälle zu oder trainieren ihre Geschicklichkeit beim Leitergolf. Der Spaß daran steht allen ins Gesicht geschrieben und die Zeit vergeht wie im Flug. Dass unter den Freiwilligen ein ehemaliger Leichtathletik-Profi und ein Basketball-Nationalspieler aus Syrien sind, ist den Kindern im Lager Friedland vermutlich egal – mich hat es beeindruckt und in vielerlei Hinsicht zum Nachdenken gebracht.

Angela Steinhardt

Mehr Informationen zum Freiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug gibt es hier.

So, 25.09.2016 Mi, 21.09.2016